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Die stille Gefahr überlasteter Unterverteilungen

06.12.2025

In vielen Gebäuden schlummert eine Gefahr, die kaum jemand wahrnimmt, obwohl sie jeden Tag existiert: überlastete Unterverteilungen. Sie sind unscheinbar, meist verborgen in Kellern, Abstellräumen oder hinter unscheinbaren Türen, doch sie tragen die komplette Last moderner Stromnutzung. Während Häuser früher mit überschaubarer Technik ausgestattet waren, hat sich das Anforderungsprofil über Jahrzehnte massiv verändert. Neue Geräte, zusätzliche Stromkreise, Smart-Home-Technik, Wärmepumpen, Wallboxen und Photovoltaikanlagen treffen auf Installationen, die oft aus einer Zeit stammen, als ein Fernseher und eine Waschmaschine die größten Verbraucher waren. Die Unterverteilung wird zur Drehscheibe einer elektrischen Infrastruktur, die heute mehr können muss als je zuvor – aber häufig nie dafür ausgelegt wurde. Und genau hier entsteht eine Gefahr, die nicht spektakulär wirkt, aber im Ernstfall enorme Schäden verursachen kann: Wärmeentwicklung, Materialermüdung, Kontaktprobleme, gelockerte Klemmstellen und Schutzorgane, die im entscheidenden Moment nicht zuverlässig auslösen.

Der Alltag des Elektrohandwerks zeigt, wie groß das Problem wirklich ist. Viele Unterverteilungen sind über die Jahre gewachsen – allerdings nicht strukturiert, sondern „angeflickt“. Neue Automaten wurden hineingequetscht, zusätzliche Kabel irgendwie untergebracht, und die Übersichtlichkeit hat dabei meist gelitten. Was zunächst funktioniert, entwickelt sich nach Jahren zu einer unbemerkten Last. Die klassische Frage „da ist doch noch Platz für einen Automaten, oder?“ unterschätzt, dass nicht der Platz das Problem ist, sondern die Gesamtstrombelastung und die Dimensionierung der Zuleitung. Wenn dann parallel energieintensive Verbraucher betrieben werden, beginnt der gesamte Aufbau an Grenzen zu stoßen, die niemand sieht, solange nichts passiert. Bei solchen Installationen können selbst kleine Störungen große Auswirkungen haben: eine Erwärmung, die schleichend fortschreitet, ein FI, der plötzlich auslöst, oder im schlimmsten Fall ein Brand, der im Verborgenen beginnt und schnell um sich greift. Und dennoch bleibt das Thema für viele Kundinnen und Kunden abstrakt – denn die Unterverteilung ist da, funktioniert ja „irgendwie“ und gerät daher kaum in den Blick.

Was diese Gefahr so besonders macht, ist ihre Unsichtbarkeit im Alltag. Eine Steckdose, die wackelt, ein Licht, das flackert, ein Gerät, das nicht funktioniert – all das fällt sofort auf. Doch eine überlastete Unterverteilung zeigt keine offensichtlichen Symptome. Und genau deswegen ist sie für das Elektrohandwerk ein Dauerthema. Viele Betriebe erleben, dass Kunden erst dann Verständnis entwickeln, wenn man ihnen konkret zeigt, was in so einer Verteilung passiert: übervolle Sammelschienen, fehlende oder veraltete Schutzorgane, unklare Beschriftungen oder Leitungen, die weder zeitgemäßen Belastungen noch aktuellen Normen entsprechen. Dabei geht es nicht um „Anzeige fürs Handwerk“, sondern um reale Sicherheit. Denn wer an eine moderne Wärmepumpe oder Wallbox denkt, der sollte wissen, dass diese Geräte nicht nur an die Steckdose angeschlossen werden, sondern das gesamte System dahinter beeinflussen. Die Unterverteilung ist die technische Basis für die Energiewende im Kleinen – doch dafür muss sie fit sein.

Letztlich wird klar, dass überlastete Unterverteilungen nicht nur ein technisches Problem sind, sondern ein strukturelles: Viele Gebäude werden modernisiert, ohne die elektrische Backbone mitzudenken. Der Wunsch nach smarter Technik, speicherfähigen PV-Anlagen oder Mehrfach-Ladetechnik im Haushalt ist verständlich, aber ohne solide Basis risikobehaftet. Für das Elektrohandwerk bedeutet das, immer wieder Aufklärungsarbeit zu leisten, verständlich zu erklären und alte Installationen ehrlich zu bewerten. Denn die Alternative – weiterzumachen wie bisher – führt zu Risiken, die man erst erkennt, wenn es zu spät ist. Dabei wäre die Lösung oft einfacher als gedacht: eine klare Bewertung der vorhandenen Anlage, eine strukturierte Modernisierung und die Bereitschaft, in die Sicherheit des eigenen Gebäudes zu investieren. Die Unterverteilung ist nicht spektakulär, aber sie ist entscheidend. Und genau deshalb verdient sie mehr Aufmerksamkeit, als sie bisher bekommt.